Diese Frage ist eine ganz grundsätzliche, die sich nicht für jeden gleich beantworten lässt. Denn: es sind zwei völlig unterschiedliche Arten zu pilgern.
Wer seinen Rucksack packt und losgeht in der Hoffnung Antworten zu finden, der sollte unbedingt alleine gehen.
Wer pilgert um etwas über sich zu lernen, vielleicht mehr zu sich zu finden, der sollte alleine gehen.
Wer seine Angst davor mit sich selbst alleine zu sein überwinden möchte, sollte alleine gehen.
Aber auch wer pilgern geht um mal etwas mutiger zu werden, wer sich vor eine Herausforderung stellen möchte, wer an einem kleinen Abenteuer wachsen möchte und sich selbst beweisen dass er mehr kann als er bisher denkt, der sollte in jedem Fall alleine pilgern.
Wer Pilgerwege zum Fernwandern nutzt, wer primär nach einer sportlichen Herausforderung sucht und die gute Infrastruktur und gute Beschilderung nutzen möchte, für den ist zu zweit laufen die bessere Option. Denn in Doppelzimmern übernachtet es sich immer günstiger und abends ist es schön jemanden zu haben, der einem beim Essen Gesellschaft leistet und mit dem man sich über den Tag austauschen kann.
Es gibt aber noch einen weiteren Fall: Wenn du körperliche Einschränkungen hast oder mit Depressionen, Angststörung oder PTBS auf den Weg gehst, dann kann es hilfreich sein zu zweit zu sein um dich nicht zu überfordern.
Deine Begleitung kann in diesem Fall eine Freund:in oder Familie sein, insofern sie einen für dich guten Umgang mit deiner Einschränkung haben, oder aber ein Profi.
Wenn du mehr dazu wissen willst, wie ich mit dir auf den Jakobsweg gehen kann, schau dir meine Seite zur Pilgerbegleitung an.
Niemand muss Angst haben unterwegs zu vereinsamen. Man findet auch als Alleinpilger immer Anschluss, selbst wenn man eher introvertiert ist. Ich habe Pilger (ob nun Herbergenschläfer oder Hotelschläfer) immer als aufgeschlossenes Völkchen erlebt.
Gerade dadurch dass so viele alleine unterwegs sind, schliesst man sich abends schnell zu losen Grüppchen zusammen, die sich je nach individueller Etappenlänge in immer neuen Konstellationen an den verschiedenen Zielorten wiedertrifft. Wer vorher schon weiss dass er gerne Kontakte knüpfen möchte, sollte dies bei seiner Planung berücksichtigen und sich beim portugiesischen Jakobsweg eher für den Inlandsweg als den Küstenweg entscheiden und zudem nicht gerade im Januar wandern.
Zudem leben wir in einer Zeit, in der man jederzeit von überall aus mit Freunden und Familien zu Hause Kontakt halten kann. Also selbst wenn man alle anderen Pilger doof findet und lieber für sich bleibt – man ist nicht in einem tibetischen Kloster ohne Handyempfang.
Ich finde es überhaupt nicht verwerflich sich der Pilgercommunity zu entziehen und sein eigenes Ding zu machen. Niemanden kennen zu lernen, am liebsten nicht mal andere Pilger sehen. Jeder sollte den Weg für sich genau so nutzen, wie es für ihn richtig ist. Und gerade wenn man fernwandern geht um sich in Ruhe mit sich selbst befassen zu können, kann es ausgesprochen hilfreich sein, Menschenkontakt so weit wie möglich zu verhindern.
Am besten geht dies natürlich wenn man in unbeliebteren Zeiträumen unterwegs ist. Beim portugiesischen Jakobsweg empfiehlt sich zudem die etwas niedriger frequentierte Küstenvariante. Gerade ab Spanien wird es dort schön einsam, weil diese Strecke in den üblichen Pilgerführern gar nicht erwähnt wird.
Die Uhrzeit, zu der man loswandert spielt auch eine entscheidende Rolle: dadurch dass Herbergsschläfer zu unheiligen Uhrzeiten aus ihren Herbergen geworfen werden, sind sie meist auch sehr früh unterwegs. Und dadurch dass die meisten Pilger „echte Pilger“ sind und die Etappenstartorte aber doch für fast alle gleich, reduziert man die Anzahl der Mitpilger enorm wenn man gemütlich um zehn oder elf erst startet und entsprechend spät an seinem Ziel ankommt.
Für „Luxuspilger“ ist das kein Problem, das Hotel ist reserviert und erwartet einen und die Städte sind meistens auch so klein dass man problemlos noch etwas Sightseeing einbauen kann, selbst wenn man erst um 18 Uhr ankommt.
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