Aber klar!
So lange keine körperlichen Beschwerden (wie bspw. Knieprobleme) vorhanden sind, spricht überhaupt nichts dagegen auch als Mensch mit ein paar (oder ein paar mehr) Kilos zuviel einen Jakobsweg zu laufen. Pilgern oder Fernwandern ist meiner Ansicht nach, zumindest auf dem anfängergeeigneten portugiesische Jakobsweg, sogar die beste Möglichkeit wenn man auch als übergewichtiger oder unsportlicher Mensch mal einen Aktivurlaub machen will.
Ich bin selbst sowohl übergewichtig als auch unsportlich und stellte mir vor meinem ersten Jakobsweg die Frage ob es nicht völlig wahnsinnig ist so in dieses Abenteuer zu starten. Aber letztendlich bedeutet einen Jakobsweg zu laufen auch nicht viel mehr als zu Fuß gehen und das bekommen auch die größten Couchpotatoes eigentlich noch ganz gut hin. Ok, ziemlich viel zu Fuß gehen, das gebe ich zu. Im Zweifel sollte man das natürlich immer vorher mit seinem Arzt abklären, besonders wenn man vorhat untrainiert mehrere Wochen zu wandern.
Gute Planung ist die halbe Miete
Einen Pilgerweg – oder eben Fernwanderurlaub – zu planen, ist für übergewichtige Menschen etwas komplizierter als für normalgewichtige, aber das liegt primär daran dass es nicht ganz einfach ist an die passende Ausrüstung zu kommen (ein Artikel „Wanderausrüstung für Übergewichtige“ ist in Planung).
Und wer sich zudem nicht auf seine gute Kondition verlassen kann, der sollte seine Etappen nicht zu lang planen (lassen). Und eher mal einen Pausentag zur Regeneration einlegen.
Wenn man nicht gut einschätzen kann, wie viele km ein gutes Tagespensum für einen sind, kann es passieren dass man mittendrin feststellt dass die Kräfte zu Ende sind. Aber auch das ist kein Weltuntergang. Wenn man sich da zufällig gerade im Wald befindet, ist das zwar ein eher ungünstiger Zeitpunkt, aber mit genügend Pausen schafft es man es dann schon immer noch zur nächsten Zivilisation und dann nimmt man den Bus oder ruft sich ein Taxi, je nach Verfügbarkeit (wer seinen Urlaub von mir planen lässt, kann mich in einem solchen Fall natürlich kontaktieren und ich suche dann mögliche Verbindungen raus).
Training ist sinnvoll, aber nicht zwangsweise nötig
Klar ist: es ist in jedem Fall sinnvoll vorher möglichst viel zu „trainieren“. Umso mehr man vorher wandern war, desto entspannter startet man seinen Camino. Abgesehen davon dass sich die Kondition überraschend schnell verbessert, ist auch der emotionale Aspekt nicht zu unterschätzen: man fühlt sich einfach besser vorbereitet. Aber um ehrlich zu sein habe ich nur vor meinem ersten Mal pilgern trainiert und mich bei meinen weiteren Pilgerurlauben schon getreu dem rheinischen Motto „et hätt noch immer jood jejange“ einfach auf den Weg gemacht. Denn mit entsprechender organisatorischer Vorbereitung kann man vor Ort flexibel auf das reagieren, was der Körper einem an Limits setzt.
Eins sollte bei dem Thema natürlich nicht unerwähnt bleiben: üblicherweise kommen Pilger trotz der günstigen Pilgermenüs und des leckeren Porto Tonico mit weniger Körpergewicht nach Hause als sie hingefahren sind. Der Kalorienverbrauch durch tägliches, mehrstündiges Wandern mit einem 10kg Rucksack ist nicht zu unterschätzen. Langfristig abnehmen wird man von ein paar Tagen bis Wochen pilgern natürlich nicht automatisch, aber alleine dadurch dass man beim pilgern so viel Abstand zu seinem Alltag gewinnt, kann ein solcher Urlaub eine gute Möglichkeit sein um mit alten Gewohnheiten zu brechen und damit auch langfristig etwas zu verändern.